Forschungsschwerpunkt
Wir sind ein Team aus molekularen und computergestützten Biowissenschaftler*innen, das an der Schnittstelle von Chromatinbiologie, Genomeditierung und Krebsforschung arbeitet. Unser besonderes Interesse gilt den grundlegenden Mechanismen der Genregulation im Kontext pädiatrischer Leukämien und anderer hämatologischer Erkrankungen. Unsere Forschung konzentriert sich auf zwei zentrale Bereiche:
Nicht-kodierende regulatorische Sequenzen in Leukämie
Nicht-kodierende funktionelle DNA-Elemente wie Enhancer und Insulatoren sind essenziell für die zelltypspezifische Genexpression. Mutationen in diesen Regionen können phänotypische Veränderungen hervorrufen, die denen durch Mutationen in kodierenden Sequenzen vergleichbar sind (siehe Seruggia et al. 2015; Seruggia et al. 2020). Aufgrund technologischer Limitationen wurden bisher jedoch nur wenige krankheitsrelevante regulatorische Sequenzen identifiziert – viele potenzielle therapeutische Zielstrukturen bleiben somit unentdeckt.
Unser Ziel ist es, den Beitrag nicht-kodierender DNA-Regionen und der 3D-Genomarchitektur zur Krebsentstehung zu untersuchen – mit einem besonderen Fokus auf Leukämieprogression und Mechanismen der Arzneimittelresistenz. Zentrale Fragestellungen sind:
- Welche Rolle spielen Enhancer bei der Entwicklung von Therapieresistenzen?
- Wie beeinflusst die Chromatintopologie die Genexpression in der Leukämie?
- Welche funktionellen Auswirkungen haben Sequenzvarianten in leukämieassoziierten Enhancern?
Zur Beantwortung dieser Fragen kombinieren wir Epigenom- und Genomeditierung (z. B. CRISPR, CRISPRi, CRISPRa), Chromatinprofilierung (ChIP-seq, Cut&Run, ATAC-seq) sowie computergestützte Analysen.
TFIID-/SAGA-Komplexe als Zielstrukturen in der pädiatrischen Onkologie
Wir konnten zuvor eine funktionelle Verbindung zwischen Chromatinregulatoren des SAGA-Komplexes und der Selbsterneuerung in embryonalen Stammzellen der Maus (mESCs) nachweisen (Seruggia et al. 2019). Dabei zeigte sich, dass der Verlust von Taf5l und Taf6l zu einer deutlichen Reduktion der c-Myc-Expression auf RNA- und Proteinebene führt. Die biologischen Funktionen und molekularen Mechanismen dieser Faktoren sind bislang jedoch nur unzureichend verstanden.
Unsere laufenden Forschungsprojekte beschäftigen sich u. a. mit folgenden Fragen:
- Wie regulieren Taf5l und Taf6l die c-Myc-Expression und die Stammzellidentität?
- Werden diese Chromatinfaktoren auch in anderen Stammzelltypen benötigt, etwa in adulten hämatopoetischen Stammzellen?
- Können sich aus der gezielten Beeinflussung von TFIID- und SAGA-Komponenten neue therapeutische Ansätze für MYC-getriebene pädiatrische Tumoren ergeben?
Zur Bearbeitung dieser Fragen nutzen wir Mausmodelle, funktionelle Genomik und Genomeditierungstechnologien.
Biosketch
Davide Seruggia schloss 2010 sein Biotechnologie-Studium an der Universität Milano-Bicocca (Italien) ab und promovierte 2014 am National Center for Biotechnology (CNB-CSIC) in Madrid (Spanien) im Fach Molekularbiologie. Unter der Betreuung von Lluis Montoliu untersuchte er regulatorische, nicht-kodierende DNA-Sequenzen von Pigmentierungsgenen und generierte mehrere Mauslinien mit gezielten Enhancer-Deletionen. Die Analyse dieser Modelle zeigte die entscheidende Rolle nicht-kodierender Elemente für die Genexpression.
Im Jahr 2015 wechselte er in das Labor von Stuart H. Orkin am Boston Children’s Hospital, wo er sich in Hämatologie, Stammzellbiologie und Genomik weiterqualifizierte. Dort kombinierte er Genomik und Genomeditierung zur Untersuchung epigenetischer Regulatoren, Chromatinmodifikatoren und Transkriptions-Coaktivatoren in embryonalen Stammzellen der Maus. Zudem entwickelte er verschiedene Mausmodelle zur Analyse der Chromatinregulation von Hämatopoese, Erythropoese und Globingenexpression.
2019 wurde er zum Instructor in Pediatrics an der Harvard Medical School ernannt und war Empfänger von Fördermitteln der WES Foundation und von Pedals for Pediatrics. Im Jahr 2020 erhielt er einen ERC Starting Grant und begann 2021 seine unabhängige wissenschaftliche Laufbahn am St. Anna Kinderkrebsforschungsinstitut als Principal Investigator sowie als Adjunct Principal Investigator am CeMM.
Top-5-Publikationen
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Becerra B, Wittibschlager S, Patel ZM, et al. CRISPR-CLEAR: Nucleotide-resolution mapping of regulatory elements via allelic readout of tiled base editing. bioRxiv. Preprint. Posted September 9, 2024. doi:10.1101/2024.09.09.612085. (preprint of the paper)
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Rica R, Waldherr M, Miyakoda E, et al. HDAC1 controls the generation and maintenance of effector-like CD8+ T cells during chronic viral infection. J Exp Med. 2025;222(8):e20240829. doi:10.1084/jem.20240829. (published paper)
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Seruggia D, Oti M, Tripathi P, et al. TAF5L and TAF6L maintain self-renewal of embryonic stem cells via the MYC regulatory network. Mol Cell. 2019;74(6):1148-1163.e7. doi:10.1016/j.molcel.2019.03.025. (published paper)
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Sher F, Hossain M, Seruggia D, et al. Rational targeting of a NuRD subcomplex guided by comprehensive in situ mutagenesis. Nat Genet. 2019;51(7):1149-1159. doi:10.1038/s41588-019-0453-4. (published paper)
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Debruyne DN, Dries R, Sengupta S, et al. BORIS promotes chromatin regulatory interactions in treatment-resistant cancer cells. Nature. 2019;572(7771):676-680. doi:10.1038/s41586-019-1472-0. (published paper)
Eine vollständige Liste der Publikationen finden Sie im Google Scholar profile von Davide Seruggia.