Forschungsschwerpunkt
Unsere Forschungsgruppe untersucht, wie entzündliche Prozesse reguliert werden und wie das Immunsystem auf Virusinfektionen reagiert. Mithilfe gut charakterisierter Mausinfektionsmodelle und Zellkultursysteme sowie molekularbiologischer Methoden aus der Immunologie, Virologie und Systembiologie wollen wir die virale Pathogenese und die antivirale Immunantwort besser verstehen. Unser übergeordnetes Ziel ist es, die Kontrolle von Krankheitserregern und die Entstehung von Gewebeschäden zu entschlüsseln, um neue therapeutische Ansätze für Infektions- und Entzündungserkrankungen zu identifizieren.
Systemische Wechselwirkungen zwischen Stoffwechsel und Entzündung
Entzündungsprozesse sind eng mit metabolischen Signalwegen verknüpft – etwa über sezernierte Metabolite und Zytokine. Dennoch ist die systemische Interaktion zwischen Stoffwechsel und Entzündung auf Organismusebene bislang unzureichend verstanden. Unsere Forschung zielt darauf ab, diese Prozesse mithilfe von Modellen akuter und chronischer Virusinfektionen zu charakterisieren. Ein besonderer Fokus liegt auf der Leber, die als zentrales Stoffwechselorgan eine Schlüsselrolle bei der Verarbeitung und Weiterleitung von Signalen einnimmt. Durch die Kombination systemischer und hypothesengetriebener Ansätze wollen wir regulatorische Knotenpunkte zwischen Stoffwechsel und Entzündung identifizieren.
Wechselspiel zwischen persistierenden Viren und dem Immunsystem
Persistierende Virusinfektionen betreffen weltweit Millionen von Menschen, doch therapeutische Optionen sind nach wie vor begrenzt – nicht zuletzt aufgrund unvollständiger Kenntnisse der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen. Anhand des lymphozytären Choriomeningitisvirus (LCMV) untersuchen wir, wie Viren mit dem Immunsystem interagieren und persistente Infektionen aufrechterhalten. Im Fokus stehen dabei die angeborene antivirale Immunantwort, organspezifische CD8-T-Zell-Antworten sowie Mechanismen der Immunflucht während chronischer Infektionen.
Pathogenese virusinduzierter Immunpathologien
Virusinfektionen führen häufig zu schweren Begleiterkrankungen wie Hepatitis oder Pneumonie. Diese Infektionen können das Immunsystem unterdrücken und damit bakterielle oder virale Superinfektionen begünstigen. Wir erforschen die molekularen Wechselwirkungen zwischen Krankheitserregern und Wirtsorganismus in verschiedenen Infektionsmodellen, unter anderem mit dem Influenza-Virus. Ziel ist es, zentrale krankheitsfördernde Prozesse und Moleküle zu identifizieren, die sich gezielt therapeutisch beeinflussen lassen.
Molekulare Grundlagen übertragbarer Tumoren
Übertragbare Tumorerkrankungen sind selten, kommen aber bei bestimmten Tierarten wie Hunden, Muscheln und Tasmanischen Teufeln vor. Diese Krebsformen erlauben einzigartige Einblicke in die Schnittstelle zwischen Onkologie und Infektionskrankheiten. Wir untersuchen die „devil facial tumor disease“ (DFTD) des Tasmanischen Teufels und konzentrieren uns auf Mechanismen, die das Tumorwachstum und die Immunflucht antreiben. Darüber hinaus erforschen wir pharmakologische Angriffspunkte zur Bekämpfung der DFTD, um zum Erhalt dieser bedrohten Art beizutragen.
Biosketch
Andreas Bergthaler studierte Veterinärmedizin an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Für seine Dissertation wechselte er an das Institut für Experimentelle Immunologie der ETH und Universität Zürich (bei Professor Hans Hengartner und Nobelpreisträger Rolf Zinkernagel). Nach einem Postdoc-Aufenthalt im Labor von Professor Daniel Pinschewer an der Universität Genf arbeitete er mit Professor Alan Aderem am Institute for Systems Biology in Seattle (USA). Von 2011 bis 2021 baute Andreas Bergthaler als Principal Investigator am CeMM seine eigene unabhängige Forschungsgruppe auf. Seit Januar 2022 ist er Professor für Molekulare Immunologie an der Medizinischen Universität Wien und weiterhin Adjunct Principal Investigator am CeMM.
Die Forschungsgruppe Bergthaler verfolgt zwei Hauptziele:
- Die Analyse molekularer Wechselwirkungen zwischen Entzündung und Stoffwechsel auf Organismusebene, mit besonderem Fokus auf die rätselhafte Multiorganerkrankung Kachexie, die viele Patient:innen mit chronischen Infektionen, fortgeschrittenen Krebserkrankungen oder autoinflammatorischen Erkrankungen betrifft.
- Die Entwicklung neuer Ansätze zur Erkennung von Krankheitserregern auf Bevölkerungsebene. Dazu werden innovative Methoden und Analysewerkzeuge entwickelt, um Pathogene in Abwasser oder Luftfiltern zu detektieren und gesundheitspolitische Entscheidungen zu unterstützen.
Andreas Bergthaler ist Träger eines ERC Starting Grants und wurde unter anderem mit dem Löffler-Frosch-Preis der Gesellschaft für Virologie ausgezeichnet. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen, darunter Hookipa Pharma, ein klinisches Biotech-Unternehmen zur Entwicklung von Immuntherapien gegen Infektions- und Krebserkrankungen.
Top 5 Publications
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Amman F, Markt R, Endler L, et al. Viral variant-resolved wastewater surveillance of SARS-CoV-2 at national scale. Nat Biotechnol. 2022;40(12):1814-1822. doi:10.1038/s41587-022-01387-y. (published paper)
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Baazim H, Antonio-Herrera L, Bergthaler A. The interplay of immunology and cachexia in infection and cancer. Nat Rev Immunol. 2022;22(5):309-321. doi:10.1038/s41577-021-00624-w. (published paper)
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Lercher A, Baazim H, Bergthaler A. Systemic immunometabolism: challenges and opportunities. Immunity. 2020;53(3):496-509. doi:10.1016/j.immuni.2020.08.012. (published paper)
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Lercher A, Bhattacharya A, Popa AM, et al. Type I interferon signaling disrupts the hepatic urea cycle and alters systemic metabolism to suppress T cell function. Immunity. 2019;51(6):1074-1087.e9. doi:10.1016/j.immuni.2019.10.014. (published paper)
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Baazim H, Schweiger M, Moschinger M, et al. CD8+ T cells induce cachexia during chronic viral infection. Nat Immunol. 2019;20(6):701-710. doi:10.1038/s41590-019-0397-y. (published paper)
Eine vollständige Liste der Publikationen finden Sie im Google Scholar profile von Andreas Bergthaler.